Das Jahr, in dem die römisch-katholische Bevölkerungsmehrheit fiel
Es war schon am Jahresanfang klar, dass 2024 der römisch-katholische Bevölkerungsanteil unter 50 % fallen wird; die Frage war nur, wann. Nach der Bekanntgabe der Austrittszahlen und sonstigen Mitgliederverluste für 2023 konnten wir errechnen, dass es höchstwahrscheinlich bereits im Sommer 2024 soweit war. Mittlerweile ist jeder Zweifel beseitigt, es gibt kein realistisches Szenario, in dem die Mitglieder der katholischen Kirchen noch in der (absoluten) Mehrheit wären.
Dieses historische Ereignis wurde von den österreichischen Medien praktisch vollständig ignoriert. Einzig und allein im profil in Ausgabe 39 zeigt ein Diagramm den Anteil von 49,8 % der römisch-katholischen Menschen an der Bevölkerung zum Ende des dritten Quartals 2024.
Die Konfessionsfreien sind auf mehr als 32 % Bevölkerungsanteil angewachsen. In 6 bis 8 Jahren werden sie die größte Gruppe sein, wenn die aktuellen Trends so weitergehen. In mehreren Nachbarländern sind Konfessionsfreie bereits die größte Gruppe, unter anderem in Deutschland und in der Schweiz. Dies ist also weder unerwartet noch ungewöhnlich. Wann sich die Gesellschaft und die Politik mit dieser Tatsache arrangieren, ist wiederum schwer zu sagen. Es wird für 2025 eine wichtige Aufgabe der konfessionsfreien Menschen sein, ihren Bevölkerungsanteil in gesellschaftliche Relevanz umzumünzen.
Regelmäßig aktualisierte, genaue Statistiken gibt es hier.
Der Zentralrat der Konfessionsfreien
Der Zentralrat der Konfessionsfreien in Österreich wurde 2024 reaktiviert. Er unterhält Kontakte zum deutschen Zentralrat und stützt sich auf aktive Vereine und Organisationen. Die erneuerte Website ist aktiv, 2025 werden die Mitgliedsorganisationen einen neuen Rat wählen können.
Um regelmäßig über Neuigkeiten aus dem konfessionsfreien/säkularen Österreich informiert zu werden, empfiehlt der Zentralrat, sich für den neuen Newsletter anzumelden. In Zeiten von Webseiten und Instant-Messaging-Apps, die kommen und gehen und “sozialen” Medien mit empörungsaffinen Algorithmen ist E-Mail eine sichere und allgemein verwendbare Möglichkeit, wichtige Informationen zuverlässig auszuliefern. Natürlich werden die Informationen auch auf anderen Kanälen verbreitet werden.
Wichtige rechtliche Weichenstellungen
Der Verfassungsgerichtshof beantwortete in Erkenntnissen noch im Dezember 2024 zwei wichtige Fragen.
Kärnten hatte in einem Landesgesetz am Karfreitag viele Veranstaltungen verboten. Dies ist verfassungswidrig, das Gesetz muss repariert werden.
Und das Gesetz zur Sterbehilfe enthielt einige Bestimmungen, die unzulässig in die Rechte der Sterbewilligen und jener, die sie informieren wollten, eingriffen. Allerdings gab es in religiös geführten Pflegeheimen Probleme, sich über dieses Grundrecht überhaupt zu informieren.
Auf der anderen Seite wurde die Steuerabsetzbarkeit von Kirchenbeiträgen von 400 auf 600 Euro erhöht und die steuerfreie “Freiwilligenpauschale” auf Religionsgesellschaften ausgeweitet. Diese Entscheidungen tragen dazu bei, dass der Staat auf Einnahmen verzichtet, um Religion zu fördern, im Falle der Steuerabsetzbarkeit insbesondere bei Besserverdienenden. Natürlich hat sich bei den staatlichen Direktzahlungen an einige Religionsgesellschaften auch 2024 nichts geändert, sie sind wie üblich gewachsen. Die Konfessionsfreien und Angehörige von Religionsgesellschaften, die diese Zahlungen nicht erhalten, dürfen mit ihren Steuern weiterhin einzelne Bekenntnisse finanzieren – ohne dass auch nur eine öffentliche Diskussion darüber stattfände.
Religions-, Ethik-, oder Demokratieunterricht?
2024 flammten einige Diskussionen über die Notwendigkeit eines gemeinsamen Werteunterrichts für alle Schüler:innen auf, da der fragmentierte und immer weniger frequentierte Religionsunterricht diese Aufgabe nicht erfüllen kann. Die offizielle Bildungspolitik in Österreich ist jedoch weiterhin darauf ausgelegt, dass sich nichts ändern soll.
Populistische Religionsbevorzugung
In Wahlkampfzeiten und auch dazwischen greifen populistische Politiker:innen auf die Religion als Traditions-, Zusammengehörigkeits-, oder Identitätskennzeichen zurück. Ob in Kärnten als Reaktion aufs Veranstaltungsverbots-Urteil, im Burgenland mit der Forderung nach dem Karfreitag als Feiertag, oder in Niederösterreich, wo die Kreuze in allen Klassenzimmern hängen sollen: SPÖ, ÖVP und FPÖ sind nicht davor gefeit, Symbolpolitik für eine Minderheit als Mittel des Kulturkampfes zu instrumentalisieren. Wir müssen in solchen Bereichen also eventuell noch mit Rückschlägen für konfessionsfreie Interessen rechnen.
Informationsquellen
Regelmäßige Aktualisierungen vom Zentralrat der Konfessionsfreien: https://konfessionsfrei.at/aktuelles/
Artikel über Themen, die für die meisten nicht-gläubigen und konfessionsfreien Menschen wichtig sind, erscheinen regelmäßig beim Humanistischen Verband Österreichs.
Auch der Humanistische Pressedienst in Deutschland hat eine Rubrik für Inhalte aus Österreich.
Der Radio-Athikan-Podcast hat sich als weiteres unoffizielles Sprachrohr der Konfessionsfreien etabliert. Die neuen Beiträge können am Smartphone in einer Podcast-App sowie in verbreiteten Diensten wie Spotify und Youtube abonniert werden.
Und an dieser Stelle darf nochmal der Hinweis auf den Newsletter des Zentralrats stehen. Dieser soll in Zukunft einmal im Quartal und bei Bedarf über wichtige Neuigkeiten über das säkulare Österreich informieren, und zu einem wichtigen Werkzeug der organisierten Konfessionsfreien werden.
Der Zentralrat der Konfessionsfreien wünscht ein schönes, gesundes und erfolgreiches Jahr 2025!
Das Präsidium