Memorandum der Konfessionsfreien
Nach der Wahl zum Nationalrat am 29. September 2024 hat der Zentralrat der Konfessionsfreien (ZRK) folgendes Memorandum veröffentlicht:
Erstmals ist die Mitgliedschaft in der katholischen Kirche in Österreich unter 50 % der Bevölkerung gefallen. Für die Konfessionsfreien, die inzwischen mehr als 30 % der Bevölkerung ausmachen, ist dies Anlass, drei zentrale Forderungen an die kommende Bundesregierung zu richten:
- Ende der finanziellen Belastung des Budgets zugunsten der Religionsgesellschaften
Öffentliche Gelder dürfen nicht weiterhin in Form von Subventionen an Kirchen und Religionsgemeinschaften fließen. In Zeiten von Budgetkonsolidierung sind Geschenke an eine ohnehin wohlhabende Institution wie die katholische Kirche unvertretbar. - Beendigung der Sonderbehandlung von Religionsgesellschaften
Das Konkordat zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl (Vatikan) sollte gekündigt werden. Gesetzliche Privilegien, die einzelnen Religionsgemeinschaften Vorrechte gewähren, widersprechen dem Prinzip der Gleichbehandlung. - Gleichstellung von Weltanschauungsgemeinschaften
Vertreter aller Weltanschauungen, darunter auch die Konfessionsfreien (ZRK), müssen in gesetzlich regulierten Gremien wie dem ORF-Publikumsrat oder Ethikkommissionen gleichberechtigt vertreten sein.
Hintergrund und Argumente
Die Annahme, Religionen würden „bessere Menschen“ hervorbringen, entbehrt jeglicher empirischer Grundlage. Im Gegenteil: Zahlreiche historische und aktuelle Konflikte stehen in Zusammenhang mit religiösen Ideologien.
Religionsgesellschaften sollten in einem säkularen Staat eigenständig wirtschaften. Maßnahmen wie die steuerliche Abzugsfähigkeit für Kirchenbeiträge, die den Staat jährlich über 100 Millionen Euro kostet, sind weder gerechtfertigt noch zielführend. Dienstleistungen, die in kirchennahen Organisationen erbracht werden (z. B. Caritas oder Spitäler), bleiben von dieser Forderung unberührt.
Immobilienfrage
Eine Debatte über die Nutzung von ca. 10.000 kirchlichen Immobilien, die von unseren Vorfahren errichtet wurden und heute teils ungenutzt sind, ist überfällig. Diese könnten für die Lösung aktueller sozialer Probleme eingesetzt werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass finanzschwache Kommunen weiter für den Erhalt dieser Immobilien mitzahlen, während die Kirche von ihren Vermögenswerten profitiert.
Bildung: Für einen säkularen Unterricht
Staatliche Schulen sind keine Gotteshäuser. Der konfessionelle Religionsunterricht sollte durch einen fächerübergreifenden Ethik- und Religionsunterricht ersetzt werden, der Kinder mit den Werten eines demokratischen Gemeinwesens vertraut macht und kritisches Denken fördert.
Kinder sollten unabhängig von ihrer Glaubensherkunft als eigenständige Individuen betrachtet werden. Religiöse Erziehung oder Indoktrinierung in Schulen führt zu einer unnötigen Spaltung der Schulgemeinschaft.
Schlussfolgerung
Der Staat hat die Freiheit der Religion – und die Freiheit von Religion – gleichermaßen zu schützen. Weltanschauliche Neutralität ist dort gefragt, wo Demokratie und Menschenrechte in Gefahr sind. Dies gilt besonders im Umgang mit fundamentalistischen Strömungen.
Forderungen
- Eine Volksbefragung zur Verankerung der Säkularität in der Verfassung.
- Der Staat sollte sich klar zur Trennung von Staat und Religion bekennen – im Interesse einer humaneren, gerechteren Gesellschaft.
Weltweit zeigt sich, dass säkulare Staaten lebenswerter und wirtschaftlich erfolgreicher sind. Gottesstaaten hingegen neigen zu autoritärem und inhumanem Handeln (vgl. Friedens-Index).
Rückfragen:
Dr. Gerhard Engelmayer
+43 699 12 24 42 42