32 % konfessionsfrei, 49,8 % römisch-katholisch
Das ist die Verteilung der beiden größten Gruppen Ende September 2024. Die römisch-katholische Kirche hat ihre bisherige absolute Bevölkerungsmehrheit verloren. Es gibt in Österreich seit diesem Sommer mehr Menschen, die nicht katholisch sind, als Angehörige der katholischen Kirche.
Dies ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung zu einem säkularen Staat. Die Politik muss langsam lernen, dass es nicht reicht, wichtige Fragen der Gesellschaft mit “der Kirche” oder mit “den Religionen” zu besprechen. Die Konfessionsfreien, bald ein Drittel der Bevölkerung, sind auf dem Weg, zur größten gesellschaftlichen Gruppe zu werden. 2022 und 2023 sind jeweils mehr als 1 % der Bevölkerung nur von der römisch-katholischen Kirche zu ihnen gewechselt. Das sind fünf bis sechs Nationalratsmandate für jene Partei, die ihre Interessen am besten vertreten kann. Größer als die 15 anerkannten Religionsgesellschaften (ohne die römisch-katholische Kirche) sind sie schon lang, derzeit etwa doppelt so groß.
Dass die ehemalige Staatskirche nicht mehr die Hälfte der Bevölkerung “vertritt”, öffnet die Gelegenheit für Diskussionen über Dinge, die bei einem Katholik*innen-Anteil von über 90 % eingeführt wurden:
- Staatsvertrag mit dem Vatikan (Konkordat)
- Konfessioneller Religionsunterricht auf Kosten der Gemeinschaft
- Das Konzept der “Anerkennung” von Religionsgesellschaften und damit verbundene Privilegien
- Staatliche Finanzierung ausgesuchter Religionsgesellschaften mit der Begründung, es seien “Entschädigungen” für irgendwelche Schäden, deren Höhe nie berechnet wurde, und die auch nicht irgendwann als abgezahlt gelten
- Repräsentation der Konfessionsfreien in Ethikräten, im ORF, bei Gesetzgebungsprozessen; überall dort, wo routinemäßig auch kleine Religionsgesellschaften eingeladen werden
Die religiöse Zugehörigkeit wird in Österreich zum Großteil vererbt, von den Eltern zugewiesen, kaum jemand entscheidet sich aktiv dafür. Auch Wechsel sind sehr selten.
Konfessionsfreiheit wiederum ist in der Mehrzahl der Fälle eine freiwillige, aktive Entscheidung. Dies ist zu respektieren, von der Gesellschaft und von der Politik. Die Zeiten, in denen Konfessionsfreie als irrelevante Kleingruppe abgetan werden konnten, sind endgültig vorbei.